Die Schorfheider Jagdhornbläser rufen zur Begrüßung und zum Bühnenprogramm
Dilan Polath von antenne brandenburg, die zusammen mit Rainer E. Klemke vom Bürgerverein Groß Schönebeck/Schorfheide durch das prall gefüllte Programm führte, war erstaunt über die Vielfalt an Initiativen und Geschichte, die das als „europäisches Dorf mit Zukunft“ ausgezeichnete Schorfheidedorf so besonders machen und die sich auch in den Darbietungen und Ausstellungen zeigte. Neben den Höfen u.a. mit Sattelschweinferkeln, Küken und sonstigem Geflügel (Traditionsbauernhof und Kutschenmuseum Jürgen Bohm), Insekten- und Schmetterlingssammlung (Naturwacht im Bahnhof), Tischlerhandwerk auf höchstem Niveau mit Möglichkeit zum Selbermachen (Werkstatt Haseloff), Besteigen des Wehrturms der Dorfkirche aus dem 30-jährigen Krieg, Basteln in der Waldschule an der Hirscherlebniswelt im Schlosspark, der Leistungsschau der Freiwilligen Feuerwehr und den beliebten Felderrundfahrten der Schorfheider Agrar-GmbH, die am 18. Juni ihren 40. Gründungstag feiert, gab es ein attraktives Bühnenprogramm – ausschließlich mit Mitwirkenden aus dem eigenen Dorf. Die Schorfheider Jagdhornbläser, die junge Sängerin Gina Ehrke (die „Schorfheider Nachtigall“) mit ihren Evergreens, Conny, Ron und Tom Baumgarte mit ihren mitreißenden Hits sorgten für Schorfheideklänge besonderer Art. Aber das Dorf stellte sich auch mit einigen seiner Vereine vor. Der FSV Schorfheide, der mehr als 80 junge Spielerinnen und Spieler aufbieten kann, der SV Schorfheide mit seiner Ju-Jutsu bot mit seinen Kindern eine unterhaltsame Präsentation ihrer Selbstverteidigungstechnik und konnte davon berichten, dass die Biathlon-Abteilung bundesweit als Verein die meisten ihrer Mitglieder an das Bundesleistungszentrum delegieren konnte, nicht zuletzt dank des Biathlontrainingsparkur mit der Schießanlage in Groß Schönebeck, wo auch Teilnehmer aus der ganzen Bundesrepublik bei Training und Wettkämpfen begrüßt werden.
Highlight der Beteiligung der Freiwilligen Feuerwehr am Tag der offenen Höfe war die Präsentation einer Befreiung aus einem Unfallfahrzeug
Vorgestellt wurde auch der neugegründete Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr durch Suse Röper und Matthias Schure. Die Feuerwehr, die nicht nur bei Brand und Unfällen - auch außerhalb des Dorfes - unterwegs ist, sondern auch bei allen Festen hilft und sie mitgestaltet, braucht die breite Unterstützung des Dorfes für ihre Arbeit. Anders als bei anderen Feuerwehren hat sie zwar keine Nachwuchssorgen, aber wegen der Berufstätigkeit der Mitglieder außerhalb des Dorfes, stehen insbesondere tagsüber weniger Einsatzkräfte zur Verfügung.
Moderatorin Dilan Polath und Rainer E. Klemke im Talk während Conny, Ron und Tom den Soundcheck vorbereiten
Im Bühnentalk wurde aber auch auf die vielfältige Geschichte des Ortes eingegangen, u.a. auf die Gründung der ersten Forstschule in Preußen (an dessen Gebäuden hinter der Feuerwache u.a. ein Dutzend historischer Trecker zu besichtigen war), die Geschichte der Schule, die der Schulförderverein auf den Bühne vertrat, wo darauf verwiesen wurde, dass hier der Reformpädagoge Erich Triloff vor und nach der Hitlerzeit, die er in der Emigration verbringen musste, als erster den Frontalunterricht abgeschafft und die Ganzwortmethode bei Lesen- und Schreiben-Lernen eingeführt und nach dem Kriege das erste Lehrerseminar in Brandenburg in den ehemaligen Reichsarbeitsdienst – Baracken (nahe dem Sportplatz) aufgebaut hatte. Heute muss – nicht zuletzt wegen des Zuzuges der Geflüchteten aus Syrien, Tschetschenien und der Ukraine mit ihren Kindern – die Grundschule nicht mehr um ihre Existenz bangen, wie noch in den Jahren nach der Wiedervereinigung, sondern kann ebenso wie die Kita auf ein ständiges Wachstum – und weitere Ausbauten verweisen. Der umfassenden Arbeit für die ukrainischen Geflüchteten in Groß Schönebeck war dann auch eine Versteigerung von landwirtschaftlichen Gerätschaften vom Pflug über eine Kartoffelwaage bis zu Pferdehalftern gewidmet, bei der 480 € zusammen kamen.
Erstmals dabei auf großer Bühne, die "Schorfheider Nachtigall" Gina Ehrke aus Groß Schönebeck mit ihren Oldies
Außerdem konnte der Tag der offenen Höfe königlichen Besuch verzeichnen, war doch die Brandenburger Erntekönigin Sarah Rodig am Stand des Brandenburger Bauernverbandes zu begrüßen.
Das fiel Dilan Polath, die viele Stadt- und Dorffeste moderiert auf, dass in Groß Schönebeck außergewöhnlich viele Kinder und Jugendliche dabei waren
Zum Ausklang konnten Jung und Alt am Abend noch mit dem beliebten DJ Wohnie und der Blue Haley-Rockband in die Nacht hinein rocken.
Minister Vogel: Ab dem 15. Juni sind die Waldschulen gerettet!
Beim Frühschoppentalk am Sonntag bedankten sich Land- und Umweltminister Axel Vogel und der SPD-Landtagsabgeordnete Hardy Lux bei den Groß Schönebeckern, weil sie durch Ihre Unterschriftensammlung mit über 5.000 Unterschriften und der Aktion mit dem blauen Bus vom rbb einen Sinneswandel zugunsten des Erhaltes nicht nur der Groß Schönebecker, sondern aller Waldschulen im Lande einschließlich zwei weiterer neuer erreicht haben. Nun wird mit der Errichtung des Landesforstbetriebes am 15. Juni 2022 diese Sicherung festgeschrieben. Am Tag zuvor hatten die "Schüler“ der Waldschule unter Leitung von Iris Spranger auf dem Lindenplatz eine Aufführung, in der sie unter großem Beifall zeigten, wie die unterschiedlichen Vögel nacheinander die Nistmöglichkeiten in den Bäumen nutzten.
In der Diskussion: Hardy Lux, Minister Axel Vogel, Rainer E. Klemke, Landrat Daniel Kurth, Ralf Christoffers
Die Land- und Forstwirtschaft sowie die Jagd als zentrale Themen des Schorfheidedorfes waren dann auch bestimmend für die weitere Diskussion, an der auch Landrat Daniel Kurth sowie der ehemalige Wirtschaftsministers und Kreistagsabgeordnete Ralf Christoffers von der Linken teilnahmen. Man war sich einig, dass der erste Aufschlag für das Landesjagdgesetz, an dem es viel Kritik gegeben hatte, überarbeitet werden muss und nun die Stellungnahmen der Verbände berücksichtigt werden. Die bezogen sich wesentlich auf die Größe der Jagdgebiete, die nun bei 75 ha statt der zunächst angepeilten 10 ha, auf die Schwächung des Ehrenamtes bei den Jagdgenossenschaften, den Kreisjagdbeiräten und Hegegemeinschaften. Einen übermäßigen Wildbesatz, wie er für das Gesetz zur Schonung der nachwachsenden Waldbestände ins Feld geführt wird, konnte auch Landrat Kurth nicht feststellen, der bei den letzten 12 Ansitzen kein Wild zu sehen bekommen hat. Die Jäger setzen sich für den Erhalt der Artenvielfalt auch beim Wild ein, was nur über die Hedemeinschaften in großen Jagdgemeinschaften möglich ist. So sind z.B. die hier früher lebenden Mufflons aufgrund der Wölfe ganz ausgestorben, was die Forderung der Jäger unterstützt, dass auch diese künftig der Jagd unterworfen werden sollten.
Weiteres Thema war das Agrarstrukturgesetz, an dem das Land Brandenburg mit den anderen Bundesländern arbeitet, um zu verhindern, dass immer weitere landwirtschaftliche Flächen spekulativ von Investoren aufgekauft und damit bäuerliche Betriebe zerstört werden. Minister Vorgel sprach dabei auch den Flächenverbrauch von fruchtbaren landwirtschaftlichen Flächen an, wie z.B. bei der Intel-Ansiedlung in Sachsen-Anhalt, wo Böden mit dem höchsten Bodenrichtwert von 100 überbaut werden, während bei Tesla in Brandenburg die Kiefernmonokultur nur einen Bodenwert von 18 hat.
Heiß begehrt waren die Tickets für die Felderrundfahrt der SAG, auf denen Rainer Dickmann eindrucksvoll erläutert, wie der Betrieb mit vielfältigen Aussaaten die Artenvielfalt fördert und Landschaftspflege betreibt
Ein anderes drängendes Problem gerade hier in Brandenburg und besonders in der Schorfheide ist der zunehmende Wassermangel. Während täglich pro Quadratmeter 6 l verdunsten, sind die Niederschläge generell rückläufig und dann auch nicht in den Monaten, wo sie für die Landwirtschaft vordringlich benötigt werden. Dadurch, und durch die Ableitung der Abwässer in die Flüsse sinkt der Grundwasserspiegel kontinuierlich und fällt in unserer Region um bis zu 1,80m, Vogel stellte nun aufgrund einer neuen EU-Regelung in Aussicht, dass künftig eine Nutzung geklärten Abwassers auch zur Bewässerung von Feldern zur Verfügung stehen soll und es vom Land ein Niedrigwasserkonzept vorgelegt werde, wo auch der Wasserrückhalt, den z.B. die SAG aus eigenem Antrieb soweit möglich verfolgt, rechtlich geregelt wird. Z.Zt wird das Abwassr aus Groß Schönebeck, das hier aus dem Grundwasser gewonnen wird, über eine Druckleitung bis hinter Liebenwalde gepumpt, dort geklärt und Richtung Meer abgeführt.
Landrat Kurth sprach mit Blick auf die drohende größte Welthungerkriese der letzten Hundert Jahre infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine die Frage der agrarischen Nutzung für den Getreideanbau der für den Erhalt der Artenvielfalt ausgewiesenen Blühflächen an, wie sie beispielhaft auch von der SAG gepflegt werden. Das sei keine Lösung des Problems, sondern hier müsste umgehend alles versucht werden, die 25 Mio. Tonnen Getreide, die derzeit nicht aus der Ukraine ausgeführt werden können (und die weiteren 50 Mio. Tonnen der diesjährigen Ernte) vor allem in die Länder der Dritten Welt gebracht werden. Thema waren auch die drängenden Probleme der Bernauer TAFEL, die auch Groß Schönebeck versorgt. Hierzu berichteten Ralf Christoffers und Landrat Kurth, dass sich damit demnächst der Fachausschuss des Kreistages befassen wird, um zu sehen, inwieweit dieser dabei helfen kann, die Lücke zwischen der Räumung des alten Depots und dem neuen Quartier, das die Stadt Bernau für eine Mio. € für die TAFEL bauen lässt, geschlossen werden kann. Grundsätzlich aber, so die beiden Politiker, sollten die Sätze von Hartz 4 und anderen Sozialleistungen so bemessen sein, dass es keiner parallelen zweiten Förderstruktur auf ehrenamtlicher Basis bedürfte. Abschließend dankten die anwesenden Politiker den Groß Schönebeckern für die beispielgebende Arbeit zur Unterstützung der 36 ukrainischen Geflüchteten, die hier Zuflucht und freundliche Aufnahme gefunden haben und dem großen Engagement für die Gemeinschaft des Dorfes.
Dank an alle, die zum Gelingen des Festes beigetragen haben
Ortsvorsteher Andreas Zeidler freute sich darüber, dass nach dem pandemiebedingten Ausfall der Veranstaltung in den beiden Vorjahren wieder ein Tag der offenen Höfe veranstaltet werden konnte. Er dankte allen, die das ermöglicht haben, von den Kuchenspenderinnen über die Gastgeber auf den Höfen und die am Bühnenprogramm Beteiligten sowie den sonstigen Helferinnen und Helfer. Eine solche Kraftanstrengung sei nur zu bewältigen, wenn sich viele Menschen einbringen und damit gemeinsam etwas schaffen, was wir in Groß Schönebeck immer wieder unter Beweis stellten.