Der alte Wang
1956 verfasste Walter Krumbach ein außergewöhnliches Buch mit nicht geringem sozialkritischem Gehalt gemeinsam mit einem außergewöhnlichen Illustrator, das eigentlich weniger an Kinder gerichtet war. Natürlich entzündete sich die mehrseitige, in Verse gesetzte Kritik nicht am eigenen Land, sondern gleichnishaft an vermeintlich überkommenen „Ausbeuterordnungen“.
In „Der alte Wang“ wird eine Geschichte aus dem alten China erzählt, in der sich ein schmarotzender greiser Kaufmann eine junge Maid als Frau sucht - und scheitert. Das Extravagante an der Publikation waren die den Bildern zugrundeliegenden Scherenschnitte, die ein gewisser Dr. Jürgen Schwendy aus Dresden fabriziert hatte. Schwendy war eigentlich Arzt und stammte aus München, 1958 kehrte er nach Bayern zurück. Der Silhouettenschnitt war seine Freizeitbeschäftigung. Er war in der Lage, die Silhouetten freihändig und ohne Vorlage mit einer kleinen Schere zu schneiden. Die von Krumbach gereimte Geschichte hatte er erfunden.
Text: Dr. Volker Petzold
Der alte Wang
In China lebte einst vor Jahren, am Gelben Strom, dem Janktsekiang,
ein Kaufmann, reich an Gold und Waren, man nannte ihn den dicken Wang.
Das schöne Gut, auf dem er wohnte, war riesengroß und wohlbestellt,
Für Wang, der im Palaste thronte, vermehrten sich Besitz und Geld.
Fürwahr, er kam dabei zu Jahren Und fühlte selbst sich schon betagt,
mit seinem Schatz an Gold und Waren von Langerweile oft geplagt.
Und so beschloss er, noch zu freien, die Frau zu suchen für sein Haus;
erneut sich Jugend zu verleihen, sah er nach der Gemahlin aus.
Text aus: Der alte Wang