Der Groß Schönebecker Raubzug

Geschrieben von Rainer Klemke am . Veröffentlicht in Geschichte

Wie nach jedem Krieg war die Not auch nach dem ersten Weltkrieg in jeder Beziehung groß. Inflation, Reparationszahlungen und Weltwirtschaftskrise schlugen auf das Leben der kleinen Leute durch und jeder musste sehen, wo er bleibt. Das Geld hatte keinen Wert mehr, täglich nahm Zahl der Nullen auf den Scheinen zu und deren Wert ab. So kam es, dass viele Menschen auf die schiefe Bahn gerieten. Verbrechen und Diebstahl nahmen zu.

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Raps vor Groß Schönebeck (30x40)

So wurde auch Groß Schönebeck in den Zwanziger Jahren eines Nachts von Dieben heimgesucht. Diese brachen zuerst in der Kirche ein. Dort entwendeten sie die Leuchter vom Altar und den Altarteppich. Da sie in der Nacht ungestört waren, durchstreiften sie das Dorf und stahlen bei einer Frau Herr die Wäsche von der Leine. Wahrscheinlich mit diesen Textilien gingen sie weiter zum Haus der Familie Dähne. Dort stahlen sie zwei Schweine und schlachteten sie an Ort und Stelle. Meine Mutter traute ihren Augen nicht, als sie sie am nächsten Morgen füttern wollte und den Stall leer vorfand.

Die Diebe wickelten das Fleisch in die erbeutete Wäsche und zusammen mit den Leuchtern in den Altarteppich. Das Diebesgut brachten sie zum Bahnhof und versteckten es dort. Am nächsten Abend, so hatten sie es vor, sollte dann alles mit der Bahn nach Berlin geschafft werden. Das kam aber anders.

Am Nachmittag des nächsten Tages spielten die Kinder von Wilhelm Schenk auf dem Bahnhofsgelände, während der Vater mit dem Verladen von Grubenholz, einem

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Bahnhof Groß Schönebeck in den Zwanziger Jahre

der wichtigsten Produkte Groß Schönebecks in dieser Zeit, beschäftigt war. Einem der Kinder rutschte dabei ein Holzpantoffel zwischen die aufgestapelten Holzstämme. Der Junge stieg ihm nach und entdeckte auf der Suche das Diebesgut.

Dieses sehen und zu seinem Vater zu rennen und den Fund vermelden war eins. Wilhelm Schenk benachrichtigte die Polizei und in aller Eile wurden einige handfeste Männer zusammengerufen. Mit Knüppeln bewaffnet legten sie sich am Abend auf die Lauer und wirklich fanden sich kurz vor der Abfahrt des letzten Zuges nach Berlin drei Kerle bei dem Versteck ein, um rechtzeitig mit dem Diebesgut nach Berlin zu entschwinden. Allerdings waren sie sehr erstaunt, statt ihrer Beute eine gehörige Tracht Prügel in Empfang nehmen zu müssen.

Die Leuchter und der Teppich konnten in die Kirche zurückgebracht werden und schmückten seither wieder den Altar der alten Dorfkirche von Groß Schönebeck.

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Ella Vieritz


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