Die Geschichte von Schluft II

Geschrieben von Günter Vogler am . Veröffentlicht in Ortsteil Schluft

Die "Schewe Flagge" - nunmehr Uhlenhof genannt

 

Dem ersten Landjäger Uhl muss während seiner Streifzüge durch die

Heide ein besonderes Stück Land aufgefallen sein, ähnlich wie

früheren und späteren Siedlern, die im 13. Jahrhundert versuchten,

dort ein neues Dorf zu gründen. Dieser Ort wurde Schewe Flagge -

Ort an der" Schiefen Fläche" genannt, 8 Diese Bezeichnung scheint

eine Flurbezeichnung zu sein, kommt aus dem mittelniederdeutschen

Sprachgebrauch und bedeutet soviel wie schiefe, breit oder lang aus-

gedehnte Fläche. Flagge kann jedoch gleichbedeutend mit Lake sein

und somit "Schiefe oder breite Lake" bedeuten, was aus meiner Sicht

am wahrscheinlichsten sein wird, da sich unmittelbar an dieses Ge-

biet die Wiesenlandschaft der Prötze anschließt und das zu damaliger

Zeit ein sehr feuchtes Niederungsgebiet war.

 

Jedenfalls schreibt der Landjäger Uhl am 18. Dezember 1714 an sei-

nen König und bittet um die Genehmigung,

 

. " .. ein Ort die Schefen Pflage, der auch wegen schlechtem Holtze

nicht zu nutzen ist geräumet werden kann. "

 

Er schreibt weiter, dass das Holz eingegangen ist, für den König

keinen Nutzen mehr hat, er darauf ein Haus errichten will und Vieh-

zucht betreiben wolle.

 

Die Gerichtsschöffen aus Groß Schönebeck werden über das Amt

Liebenwalde aufgefordert, eine Stellungnahme zu den Bodenverhält-

nissen des beantragten Gebietes abzugeben. Sie teilen mit, dass der

Wiesenwuchs in der Prötze sehr schlecht ist, vieles durch das IW asser

versauert und kein Torf gestochen werden kann. Daraufhin schenkt

der König Friedrich Wilhelm I. 1715 seinem Landjäger das ge-

wünschte Land.

 

Uhl beginnt daraufhin mit der Urbarmachung auf seine eigenen

Kosten. Doch was gilt ein Wort des Königs in den Beamtenstuben,

wenn dem Wort nicht ein Brief mit Siegel folgt - nichts, auch heute

noch. So ging es auch dem Uhl, der 1718 immer noch nur das Wort

des Königs hatte und noch keine Verschreibung des Landes, was er

bereits nutzte.

 

Er fragt deshalb am 28. Dezember 1718 beim König an und erinnert

ihn daran, dass er ihm vor drei Jahren anlässlich einer Jagd auf Wild-

schweine die gewünschte Fläche mündlich zugesprochen hatte und

es nun Zeit wäre, einen" Contract" zu schließen. Am 23. August.

1719 ist es endlich soweit - Könige erinnern sich schließlich immer!

Uhl erhält nunmehr einen "Annehmungs Brief" über. " .. die unterm

König!. Amte Liebenwalde gelegene sogenannte Scheweflagge nun-

mehr Uhlenhoff", über soviel Acker und Wiesen wie die Groß

Schönebecker Untertanen in Nutzung haben und erst wenn alles ge-

räumt und vermessen ist, wird ein Erbvertrag abgeschlossen, so die

Nachricht.

 

Im Punkt 1. heißt es u. a.

 

"Johann Simon Uhl zu Schönebeck auch dessen Erben und Nach-

kommen die sogenannte unterm Amte Liebenwalde gelegene

Scheweflagge nunmehr Uhlenhoff mit allem Zubehör, so wie derselbe

alles auf seine eigenen Kosten ge räumet und angebauet. " Es heißt

 

im Punkt 2 weiter" Weil dieser Ort eine Wildnis ist, und aus lauter

Busch und Strauchwerk besteht ... nichts abgehen möge. "

 

Uhlenhof bleibt so für 1 0 Jahre, 1715 - 1725, abgabenfrei. Uhl lässt

nun den Boden von allem Holz und Strauchwerk räumen, doch, so

gibt der Holzschreiber am 17. Dezember 1719 an, können die Erlen-

und Birkenbüsche nicht abtransportiert werden, weil das Träm-

rnerfließ erst "schiff- oder flößbar" gemacht werden muss, um es an

die Havel bringen zu können.

Später wurde über dieses, teilweise begradigte Fließ, bis Anfang des

19. Jahrhunderts gefälltes Holz aus der Schorfheide über die Havel

lind Elbe bis nach Berlin und Hamburg geflößt. Der Trämmersee

selbst wurde noch bis ins 20. Jahrhundert zum Lagern von Bauholz

genutzt. Der Naturfreund und Wanderer wird sich fragen, wenn er

heute vor dem Trämmerfließ steht, wie auf diesem kleinen Rinnsal

Holz transportiert worden sein soll-ganz einfach, mit dem Eingreifen

des Menschen in den Naturkreislauf sank der Wasserspiegel und die.

Flößerei wurde nach 1820 für das Gebiet' der Schorfheide wegen

Wassermangel gänzlich eingestellt.

 

Uhl gibt 1731 an, dass ihm die Urbarmachung für ,,400 Morgen"

Land 4 800 Taler gekostet habe. 5 Die Errichtung der Wohngebäude,

Stallungen, Häuser für die Bediensteten, Landarbeiter und Hand-

werker, Zäune für Gärten und gegen das Wild sowie für Saat, Vieh

lind Pferde weitere 3800 Taler. Die Gesamtsumme von 8 600 Taler

 

stellte für damalige Verhältnisse schon eine enorme Summe und ein

mittleres Vermögen dar.

Der 23. August 1719 ist nunmehr als Geburtsstunde von Uhlenhof

anzusehen und ging spätestens 1874 in der Gemeinde Schluft auf.

Ebenso wäre es historisch gesehen richtig, wenn dieses Datum eben-

falls als Geburtsstunde von Schluft angesehen werden würde. Denn

eine politische wie wirtschaftliche Trennung hat es, schon aufgrund

der räumlichen Nähe, zu keiner Zeit gegeben und schon in diesem

Jahr wird die Flurbezeichnung "auf der alten Schlufft" erwähnt.

 

Uhl gehörte zu denen, die nicht nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht

waren, er war einer der Pioniere der Mark Brandenburg, die weiter

dachten und dabei das W ohlergehen Preußens bei all ihrem Handeln

sahen. Er unterlag wie viele andere seiner Zeit der Tragik, dass der

Standort Uhlenhof über seine reine landwirtschaftliche Struktur nicht

hinauskam. Obwohl UW erkannte, dass an dem uralten Ver-

bindungsweg von Groß Schönebeck nach Zehdenick, mit seinen

Rasenerz-, Holz- und Tonvorkommen eine zukünftig steigende

Industrialisierung gegeben sein wird, scheiterte er an der Natur und

seinen persönlichen Investitionsmöglichkeiten. Selbst der spätere'

Versuch auf seinem Grund und Boden nach Bernstein zu graben,

brachte nicht den erwarteten Erlös. und wurde eingestellt.