Die Geschichte von Schluft I
Die Geschichte von Schluft
Auszüge aus einem Buch „Schluft in Geschichte und Gegenwart“ von Günter Vogler.
Das Buch ist in der Touristinformation Groß Schönebeck erhältlich.
Der alte Uhl und seine Nachkommen
Selten ranken sich um eine Familie so viele Mythen, wie um die
Familie Uhl, die, ich nehme es vorweg, die Gründer des späteren
Schluft gewesen sind. Heute erinnert nichts mehr an sie, nur noch die
alte Flurbezeichnung "Uhlenhof' entlang dem holprigen Weg nach
Zehdenick.
Johann Simon Uhl war derjenige, der dem Kurfürsten Friedrich Wil-
helm anlässlich einer Wachparade in Berlin auffiel und später als
Leibjäger angestellt worden ist, so die Legende. Tatsächlich wird er
1675 als Leibjäger beim Kurfürsten erwähnt und 1685 als Landjäger
zu Alt Ruppin. Schon sein Vater Simon Uhl soll Wildmeister zu
Kammerstein in der Nähe von Nürnberg gewesen sein; andere
Quellen legen das Wirken des Vaters nach Thüringen als Ober-
förster.
Dieser Leibjäger jedenfalls, dessen Treue zu seinem Landesherrn
heute nicht mehr in den Beamtenstuben der öffentlichen Ver-
waltungen zu finden ist, weicht nun nicht mehr von der Seite seines
Herrn. So auch in der Schlacht bei Fehrbellin (Januar 1675) wo er
seinen Herrn mehrfach drängt, sich aus der Reichweite des
schwedischen Gewehrfeuers zu begeben.
Nun muss man wissen, dass Mut und Tapferkeit, zumindest im
militärischen Bereich, damals bei Fürsten wie auch bei den Unter-
tanen noch weitaus höher in den persönlichen Charaktereigen-
schaften stehen als heute.
Die Schweden hatten durch Kundschafter erfahren, dass der bran-
denburgische Kurfürst immer auf einen weißen Schimmel ritt und
richteten deshalb ihr Geschützfeuer auf diesen hellen Punkt, wo
immer sich auch einer zeigte- manch Truppenkoch soll dabei ver-
loren gegangen sein.
Die bekannte Überlieferung der Todesumstände des Stallmeisters
Froben schildern einen Pferdetausch während der Schlacht. Alte
Schlufter werden diese Schilderung aus ihrer Schulzeit noch kennen.
Während eines Angriffes auf die schwedischen Linien konnte Froben
seinen Kurfürsten bewegen, die Pferde zu tauschen. Kaum war dies
geschehen, wurde Froben von einer Kanonenkugel tödlich verletzt.
Der Kurfürst gerettet, dankte dem toten Froben dies mit einem an-
gemessenen Begräbnis, der Versorgung seiner Hinterbliebenen
(wurden 1683 in den Adelsstand erhoben) 3 und dem Einzug in die
brandenburgischen Geschichtsbücher.
Ob nun davor oder danach, jedenfalls war nun Uhl an der Reihe in
dieser Schlacht sein Leben dem draufgängerischen Monarchen zu
widmen und wenn nötig, zu opfern. Dieser geriet nun erneut in den
immer dichter werdenden schwedischen Kugelhagel und Uhl konnte
nur mit Mühe erreichen, dass sein Herr seinen neuen Schimmel
gegen den alten Braunen des Leibjägers tauschte. Kaum das Uhl auf,
dem Schimmel fest im Sattel saß, richteten die Schweden ihr Feuer
auf ihn. Das Pferd wurde tödlich getroffen und Uhl kam mit leichten
Blessuren davon. Für diesen Einsatz wird Uhl zum Landjäger be-
fördert und soll als Dank dafür die Landjägerei zu Alt Ruppin er-
halten haben. 4
Historische Quellen verweisen auf die Kirchenbücher der Gemeinde
Senzke, in denen das Geschehen niedergeschrieben worden sein soll.
Leider konnte der Autor diese Quelle nicht mehr erschließen, da bei
einem Brand die Kirchenbücher vernichtet wurden und mit dem
Jahre 1680 neu beginnen.
Möglich ist auch, dass er diese Landjägerei erst erhielt, als seine
Treue zum Landesvater erneut unter Beweis gestellt wurde und er,
während einer späteren Hasenjagd, vom Kurfürsten, der wohl den
Kopf von Uhl für den eines guten Brandenburger Hasen hielt, mehr
aus Versehen, Uhl ins Gesicht schoss.
Das dieses Ereignis letztlich ortsstiftend für Schluft war ist sicherlich
für seine heutigen Bewohner eine nicht unbedeutende historische
Tat, aber sie tritt ob ihrer politischen und man kann sagen globalen
Bedeutung, doch bescheiden in den Hintergrund. In "Die Provinz
Brandenburg in Wort und Bild" kommt der Autor, nachdem er die
ituation vom Kampf wie allgemein bekannt schildert, zu der Aus-
sage:
"Der Zug des Großen Kurfürsten vom Rhein zum Rhin bildet eine der
denkwürdigsten Episoden der Weltgeschichte. Mit staunen und Be-
wunderung blickte Europa auf den Hohenzollernaar, der kühn seine
Schwingen entfaltend, den Gegner zu Boden geschmettert hatte und
weiter heißt es: " ... so hatte er doch die Genugtuung, dass man
seinem Reiche jetzt die Stellung in Deutschland, ja in Europa ein-
räumte, die ihm gebührte, dass man das kleine, aber gewaltige Bran-
denburg als einen Faktor ansah, mit dem man rechnen mußte. "
Tapfer, wie die Familie Uhl nun mal war, stirbt Johann Simon nicht
durch den Schuss. Am 31. 12. 1698 wechselt er in Alt Ruppin, ohne
das es einen Hinweis gibt, dass er jemals im Gebiet der Schorfheide
gewesen ist, von den weltlichen in die himmlischen Jagdgründe. Sein
zweiter Sohn Johann Sigmund, der nach 1685 geboren sein muss,
wird 1711, als er Louise Elisabeth Sachs heiratet, erstmals als Land-
jäger Uhl zu Groß Schönebeck erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt muss
er um die 25 Jahre alt gewesen sein, was bedeutet, dass sein Vater
nicht mit der Landjägerei in Groß Schönebeck betraut gewesen sein
kann.
Irritierend wirkt die Eintragung auf der großen bronzenen Glocke im
Kirchturm von Groß Schönebeck, die im Jahre 1732 als Dritte in den
Turm gelangte und auf der .Jlanns Sigismundt Uhle, gewesener
Landjäger allhier und Hofjäger zu Berlin.. zu lesen ist. Vermutlich
handelt es sich um den gleichen Johann Sigmund Uhl, da im
damaligen Sprachgebrauch üblich, die Namen oft gekürzt und ver-
einfacht wurden. Doch scheint er nicht in Groß Schönebeck ge-
storben zu sein, denn erst 1769 am
,,05. May mittages um 12 Uhr der Königl. Preußische Landjäger
Herr Joh. Sigmund Uhl im 55ten Jahre seines ruhevollen Alters ver-
storben und den 9ten in der hiesigen Kirche beigesetzt worden ... "
Demnach muss er 1714 geboren worden sein und den Posten eines
Landjägers um 1739, im Alter von 25 Jahren angetreten haben. In
einem Brief, den der damalige Kantor und Organist 1769 ge-
schrieben hat, der sich in der Kugel auf der Kirchturmspitze befindet
und den der Autor 1986 selbst in den Händen hielt und sich dort
wieder befindet, steht
" Kurz vor dem Tage, an welchem ich dies schreibe, hat 0 Schmerz,
der königliche Landjäger, Herr Johann Sigismund Uhl seinen letzten
Atemzug getan, welcher 30 Jahre hindurch seine so überaus nütz-
lichen Dienste mit Geschicklichkeit, Treue und Gerechtigkeit ge-
leistet hat. "
Tatsächlich ist es so, dass Johann Sigmund Uhl schon 1729 den Kö-
nig Friedrich Wilhelm I. gebeten hat, seinen ältesten Sohn, als seinen
Nachfolger einzusetzen.
Der König antwortet am 03. Januar 1731,
"Demnach Wir allergnädigst resolonirt, daß der älteste Sohn des
Land Jägers Uhl die Adjunction auf seinen Vater haben, und des-
wegen zu diesem Dienst in Eid und Pflicht genommen werden soll. "
Daraufhin wird sein Sohn Johann Simon am 06. März 1731 als
Heidereiter angenommen, mit der Option, dass er, wenn sein Vater
gestorben ist, alle ihm zustehenden Rechte, also auch den Titel eines
Landjäger erhält. 6 Diesen Posten übt er bis zu seinem Tod im Jahre
1769 aus.
"Die Verträge über Uhlenhof sind mit Johann Simon UHL ge-
schlossen, welcher ein ganz besonderer Liebling von dem jagdfrohen
Friedrich. Wilhelm I. war.
Eine Frau Uhl verstand es besonders, zwei Gerichte zu kochen, wie
sie der König gerne aß. War Friedrich Wilhelm in Groß Schönebeck
zur Jagd, musste ihm nach vorheriger Ansage Frau Uhl das eine
oder andere Mahl bereiten. Diese Lieblingsgerichte waren Schwei-
nepökelfleisch mit Erbsen und Sauerkraut und Eierkuchen mit Prei-
selbeeren. Der Hofsitte entsprechend erhob sich der König nie vor
Beendigung des Mahles, aber beim Jagdessen in Groß Schönebeck
musste sich der Hofjägermeister immer einen annehmbaren Grund
ausdenken, der den gestrengen Herrn für kurze Zeit von der Tafel
rief Zwischen 2 Gängen verschwand dann der König auf etwa 10
Minuten, aß, nur von UHL und seiner Frau Uhl bedient, am weiß
gescheuerten Tisch seine Erbsen mit Pökelfleisch und Sauerkohl
oder seinen Eierkuchen und kehrte dann stets in guter Laune, aber
schlechten Appetit an den Herrentisch zurück. Für ihre Mühwaltung
fand dann Frau Uhl immer zwei Taler unter der sorgsam
wieder zusammengelegten Serviette.
Sein jüngster Sohn Johann Friedrich übernimmt das Gut Uhlenhof
und betreibt die Landwirtschaft weiter. Erst mit dem Brand im Jahre
1875, wo das Gut völlig abbrannte, hört es auf zu existieren und ist
nur noch als Flurbezeichnung bekannt. Die eigentliche Landjägerei
befand sich immer auf dem Gelände der damaligen Burganlage in
Groß Schönebeck.