Großer Bahnhof für UfA – Film
Es war ein strahlender Herbsttag Ende Oktober 1938, als sich Hildegard Grabowski mit ihren Klassenkameradinnen des Jahrgangs 1928 von der Gemeindeschule neben der Dorfkirche auf den Weg machte zum Bahnhof. Heute sollten sie, ausstaffiert mit zum Teil extra für diesen Anlass genähten Kleidern, ihren ersten Auftritt haben im neuen Film der Tobis. Vorausgegangen waren Verhandlungen des Produzenten mit der Schulleitung, in der ihr neue Sportgeräte für die Schule als Honorar zugesagt worden waren.
Programmheft der UFA für den „Salonwagen E 417“ (Repro: Klemke)
Schon seit Tagen war der Filmtross, der im Zeumer’s Gasthof in der Berliner Straße abgestiegen war, seine Technik am Bahnhof aufgebaut, war der „Salonwagen E 417“, der die Hauptrolle im Film spielt, von den UFA-Studios in Babelsberg auf das Bahnhofsgleis gezogen und der Bahnhof „Dingskirchen“ selbst für den Film so ausstaffiert worden, dass aus Berlin kommende Reisende irritiert waren, ob sie an der richtigen Station angekommen seien.
Der Film erzählt die Geschichte eines Salonwagens. Anfangs diente er fürstlichen Familien als Gefährt, wurde dann Quartier eines militärischen Oberkommandos, um dann, ganz abenteuerlich, im Zirkus zu landen. Umfunktioniert zu einer Bar sollte er, endlich ausgedient, als Plakatträger auf einem Abstellgleis landen. Vor diesem traurigen Schicksal rettet ihn ein Museum.
Bahnhof von Groß Schönebeck heute
Aufgabe der Groß Schönebecker Schülerinnen war es nun, begeistert dem Wagen und seinen Insassen zuzujubeln. Welche der großen Schauspielerinnen und Schauspieler aus dem Ensemble außer Käthe von Nagy, die ebenfalls winkend Abschied nahm, sie dabei zu Gesicht bekamen, ist nicht überliefert. Die Besetzungsliste des Films liest sich aber wie ein Who is Who des damaligen Filmschaffens. Neben den Hauptdarstellern Käthe von Nagy und Paul Hörbiger traten dort u.a. Curd Jürgens, Maria Nicklisch, Hilde Körber, Axel von Ambesser, Hubert von Meyerinck, Tatjana Sais und Ewald Wenck auf. Das Buch und die Liedertexte stammten von Helmut Käutner, Paul Verhoeven führte Regie und stellte selbst einen Drehorgelspieler dar.
Käthe von Nagy
Hildegard Grabowsky und ihre Klassenkameradinnen lernten, dass die Herstellung eines Spielfilms deutlich prosaischer ist als es auf der Leinwand aussieht. Auf einem Wagen sollten sie das Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“ singen. Langes Warten und immer wieder neue Einstellungen prägten den Tag und es sollte am nächsten Tag weitergehen.
Müde trollten sich die Schülerinnen am späten Nachmittag nach Hause, wobei Hildegard stolperte und sich beim Hinfallen das neue gelbe Kleid mit schwarzen Punkten beschmutzte. Als sie dann am nächsten Tag mit einem anderen, eilig hergerichtetem Kleid am Set erschien, erspähte sie Paul Verhoeven sofort und schickte sie nach Hause, das andere Kleid wieder anzuziehen, weil sonst die Einstellungen, die heute zu drehen war, nicht nahtlos mit denen von gestern zusammen zu schneiden waren. Allein, der Weg bis zur benachbarten Rosenbecker Straße 7 wäre ja nicht weit gewesen, aber das Kleid nicht verfügbar, da noch nicht gewaschen. So endete für sie ihr Engagement bei der UFA mit Tränen. Der Film aber wurde erfolgreich abgedreht und lief in allen Kinos.