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Begegnungen: Bellevue Park und Schloss - Fotoausstellung mit Arbeiten von Udo Lauer

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Sonntag, 10. Mai 2015, 11:00
bis Samstag, 11. Juli 2015
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Außergewöhnliche und intime Perspektiven eröffnet der Berliner Pressefotograf Udo Lauer mit seinen stimmungsvollen Fotos auf Gebäude und Garten des Schlosses Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten in Berlin. Lauer war u.a. jahrzehntelang ständiger Begleiter unserer Bundespräsidenten und insbesondere von Richard von Weizsäcker. Er war dessen letzter Besucher vor seinem Tod. Bei diesem Besuch schrieb ihm der ehemaligen Berliner Bürgermeister und Bundespräsident der deutschen Einheit eine Widmung in den Fotoband "Bellevue Park und Schloß" und bezeichnete ihn darin "als Spiegel glücklicher Erinnerungen, die (er) mit 'Haus und Hof', mit dem Schloss Bellevue und vorallem mit dem Park verbindet".

In diesem Band finden sich die ausdrucksstarken Fotos, die nun im Restaurant des Gutes Sarnow zu sehen sind.

Zur Ausstellungseröffnung am 10. Mai 2015 um 11 Uhr sprach u.a. der langjährige Berliner Museumsreferent und Sprecher des Bürgervereins Groß Schönebeck/Schorfheide, Rainer E. Klemke, zur bewegten Geschichte des Schlosses Bellevue. Die Rede ist hier dokumentiert:

Begegnungen: Park und Schloss Bellevue“

Gedanken zur Ausstellungseröffnung und Buchvorstellung mit Fotos von Udo Lauer am 10. Mai 2015 auf Gut Sarnow in Groß Schönebeck

Mein Name ist Rainer E. Klemke, und auch ich möchte Sie herzlich willkommen heißen. Ich bin der Sprecher des Bürgervereins von Groß Schönebeck, der hier das dörfliche Leben und viele Veranstaltungen betreut. Beruflich war ich in den letzten 20 Jahren in der Berliner Senatskulturverwaltung für die Museen, die Zeitgeschichte und die Gedenkstätten verantwortlich.

Ich soll Ihnen heute einiges erzählen über Park und Schloss Bellevue. Das wird eine Geschichte über Maulbeeräume, Friedrich den Großen und seinen jüngsten Bruder, über Napoleon, Friedrich Schiller und Richard von Weizsäcker, eine Wanze namens „Gefleckter Dickbauch“, eine Ost/West-Schlösserkonkurrenz der deutschen Staatsoberhäupter in Berlin, Gustav Gründgens, den Anbau von Wurzelgemüse, eine Schlossausstattung, die eine Mischung aus „Filmstarsanatorium und Eisdiele“ darstellte, und einen Seemann, Offizier, Physiotherapeuten und Fotografen, der alle Meere befahren und auf allen Kontinenten mit unseren Bundespräsidenten und anderen Persönlichkeiten zwischen Shanghai und Jerusalem unterwegs war.

All' das hängt miteinander und mit der heutigen Ausstellungseröffnung und seinem Thema: „Begegnungen: Park und Schloss Bellevue“ zusammen. Doch der Reihe nach:

Beginnen wir bei der Geschichte des Tiergartens, einem ursprünglichen Jagdgebiet der Kurfürsten vor den Toren der Stadt, das Friedrich der Große, der der Jagd abhold war, ab kurz nach seiner Krönung 1742 von seinem Hausarchitekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff nach dem Niederreißen der Wildzäune zu einem Lustgarten für die Bevölkerung im Stile des Barocks umgestalten ließ. Knobelsdorff, der ja auch den Flügel am Schloss Charlottenburg angebaut hatte, fand so großen Gefallen am Tiergarten, dass er sich dort 1746 auf dem Areal des heutigen Schlossparks von Bellevue ein Sommerhaus baute. Schon König Friedrich Wilhelm I. hatte dort 1715 französische Hugenotten mit einer Meierei angesiedelt, die hier und an der Charlottenburger Chaussee Maulbeerbäume zur Seidenraupenzucht anpflanzen sollten, von denen später Friedrich der Große insgesamt 500.000 in ganzen Land setzen ließ, um von teuren Seidenstoffimporten für Kleidung und Tapeten unabhängig zu werden. Dieses Ziel konnte allerdings nie auch nur annähernd erreicht werden. Unter Adolf Hitler, der sich ja zum geborenen Nachfolger Friedrichs des Großen stilisierte, wurde das wieder aufgegriffen, um Fallschirmseide für die Luftlandetruppen der Nazis importunabhängig zu gewinnen. Noch heute finden sich im Park vier Maulbeerbäume, die an die damalige Nutzung erinnern.

Meierei und Knobeldorff'sches Sommerhaus standen an einer Stelle, wo sich schon zwischen 50 und 300 n. Christus eine alte Dorfansiedlung in der eher sumpfigen Tallage an der Spree befunden hatte. Dort hat man bei Grabungen im Jahr 1958 Tonscherben, Pfahlgründungen und einen Kalkofen gefunden. Damit gehört der Schlosspark Bellevue zu Berlins ältesten Siedlungsorten.

Die barocke Pracht der Knobelsdorff'schen Tiergartenanlage wurde ab 1792 durch den Hofgärtner Justus Ehrenreich Sello und ab 1818 von einem Gartenlehrling aus Sanssouci, einem gewissen Johann Peter Lenné, im Stile eines englischen Landschaftsgartens umgestaltet, dessen Grundform sich im Großen Tiergarten wie auch im Schlosspark Bellevue bis heute erhalten hat. Am Glockenturm, dem Carillon, neben dem Haus der Kulturen der Welt, findet sich übrigens der letzte hier von Lenné gepflanzte Baum, die Lenné-Eiche, die den Krieg, die Holzauktionen und die Gemüsepflanzungen der Nachkriegszeit als einziger überstanden hat.

1784 wurde das Schloss-Grundstück vom jüngsten Bruder Friedrich des Großen, Prinz August Ferdinand von Preußen gekauft. Der Generalmajor, der in Böhmen und Sachsen sowie bei Breslau und Leuthen im Siebenjährigen Krieg sehr erfolgreich mitkämpfte und Ritter des Schwarzen Adlerordens war, besaß bereits eine Stadtwohnung am Wilhelmplatz im Palais des Johanniterordens, dessen Ordensmeister er war. Dieses wurde in der NS-Zeit Sitz Reichspropagandaministeriums von Joseph Goebbels.

1762 erwarb Ferdinand das Schloss Friedrichsfelde im heutigen Tierpark, wollte aber ein stadtnäheres Quartier auf dem Lande, das er von seiner Wohnung bequemer erreichen konnte. Mit dem Geheimen Oberbaurat und Baudirektor Michael Philipp Boumann, Mitgründer der Berliner Bauakademie und führendes Mitglied des Freimaurerordens, dem auch Friedrich der Große verbunden war, beauftragte er einen Architekten, der sich u.a. mit dem Schloss auf der Pfaueninsel, dem Schauspielhaus in Potsdam sowie dem Anbau am Marmorpalais und dem Wiederaufbau der Kirche S. Nikolai (zusammen mit Friedrich Gilly) vielfältige Verdienste erworben hatte.

Am 30. April 1785, also fast genau vor 230 Jahren wurde der Grundstein für das Schloss „Bellevue“ gelegt. Schon im Jahr zuvor hatte Prinz Ferdinand mit der Anlage der Bellevueallee und ersten Baumaßnahmen im Park einen der ersten Landschaftsgärten in Preußen auf den Weg gebracht, der vom Hofgärtner Weil angelegt und 1842 von Lenné umgestaltet gestaltet wurde. Die heutige Fassung stammt von dem Gartenarchitekten Reinhard Besserer und nimmt die Lenné'sche Fassung wieder auf.

Bellevue wurde schon bald ein zentraler Ort des hauptstädtischen Lebens. Hier verkehrten u.a. Friedrich Schiller und die Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt. Nach der Niederlage Preußens gegen Frankreich bei Jena und Auerstädt und dem Einzug Napoleons in Berlin im Oktober 1806 empfing Prinz Ferdinand hier als letzter noch lebender Bruder Friedrich des II. den Kaiser der Franzosen. Ferdinand selbst bewohnte mit seiner Familie Bellevue von 1785 bis er 1813 im Alter von 83 Jahren starb.

Den Namen Bellevue verdankt das Schloss der damals wie heute großartigen Aussicht in die umgebende Parklandschaft mit den fächerförmigen Sichtachsen, weit über den Park hinaus bis zur Kuppel des Schlosses Charlottenburg und über die weit mäandrierende Spree. Letzterer wurde allerdings durch den Bau der Stadtbahn seit den 1880er Jahren beeinträchtigt. Zielpunkte solcher Ausblicke im Schlosspark waren und sind zahlreiche Statuen, der Eiskellerhügel und Gedenksteine, wie z.B. Johann Gottfried Schadows Hochzeitsgedenkstein, der an die Goldene Hochzeit Ferdinands mit seiner Gattin Anna Elisabeth Luise, einer Tochter seiner älteren Schwester Sophie Dorothea Marie von Brandenburg-Schwedt, also seiner Nichte erinnert, sowie Schinkels Gartenpavillon oder Gillys Meierei .

Während die Außengestaltung des Schlosses eine der ältesten Fassungen des Klassizismus in Deutschland repräsentiert und nach dem Vorbild des Landhauses im Wörlitzer Park von Fürst Leopold III. gestaltet ist, zeigte sich bei der Innenausstattung die Sparsamkeit und Zweckorientierung Ferdinands, war es doch nur ein Sommerschloss. Allein der von dem Baumeister des Brandenburger Tores, Carl Gottfried Langhans, nach dessen Fertigstellung im Jahr 1791 gestaltete ovale Tanzsaal im Obergeschoss, der auch heute noch nach seiner Rekonstruktion in den Jahren 1954-1959 in ursprünglicher Form zu sehen ist und für repräsentative Empfänge genutzt wird, machte da eine Ausnahme.

Park und Schloss Bellevue blieben bis 1843 im Eigentum von Ferdinands Sohn August bis 1844 der Kunst liebende König Friedrich Wilhelm IV. im Schloss eine Gemäldegalerie einrichtete. Das war dann das erste Museum zeitgenössischer Kunst in Preußen und bildete später den Grundstock für die Nationalgalerie. Außerdem machte er den umliegenden Park der Öffentlichkeit zugänglich. Danach wohnten hier bis zum Ende der Monarchie 1918 Mitglieder der kaiserlich-königlichen Familie sowie hohe Offiziere.

Im ersten Weltkrieg hatte Schloss Bellevue ab 1916 der Obersten Heeresleitung als Hauptquartier gedient, hier trafen sich die alliierten Mittelmächte Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich und Bulgarien mit der deutschen Heeresleitung. Dieses Bündnis ist ja in diesen Tagen wegen des 100. Jahrestages des Genozids an den Armeniern durch die Türken und die deutsche Mitwisserschaft dabei noch mal in Erinnerung gerufen worden.

Hier im Schloss Bellevue wurde General Erich Ludendorff gegen seinen Willen am 26. Oktober 1918 vom damaligen deutschen Staatsoberhaupt und letztem deutschen Kaiser entlassen. Dieser Vorgang nur wenige Tage vor der Ausrufung der deutschen Republik wurde von Historikern als die Rückgewinnung des seit dem Sturz des Reichskanzlers Theobald von Bethmann-Hollweg, der für einen Verständigungsfrieden eintrat, verloren gegangenen Vorrangs der Politik über das Militär gewertet. Bethmann-Hollwegs Vater war übrigens Landrat im Oberbarnim mit Sitz in Bad Freienwalde. Ihm verdanken wir die straßenmäßige Erschließung des Barnims.

Nach dem ersten Weltkrieg stand das Schloss zunächst lange leer.1928 ging es in das Eigentum des Freistaates Preußen über und schon damals plante man zunächst, es zum Amtssitz des Reichspräsidenten zu machen. Statt dessen wurde hier aber in der Weltwirtschaftskrise eine Volksküche eingerichtet und fanden 1929 verschiedene Kunstausstellungen statt. 1935 zog hier das Staatliche Museum für Volkskunde (heute Museum Europäischer Kulturen in Dahlem) nach einem entsprechenden Umbau ein. Paul Baumgarten d.Ä. leitete 1938/39 eine der weiteren Umbaumaßnahmen im Schloss zu einem Reichsgästehaus der NS-Regierung. Dafür wurde es aber nur ein einziges Mal genutzt. Knobelsdorffs Meierei musste dabei modernen Wirtschaftsgebäuden weichen. 1939 nutzte der Reichsminister und Leiter der Reichskanzlei, Otto Meisner, das Schloss als Residenz und Wohnung, nachdem er sein Quartier im Reichspräsidentenpalais an Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop abgeben musste.

Den im Park errichteten Ersatzbau für die ehemalige Meierei bewohnte bis zur Kriegszerstörung der Schauspieler, Regisseur und Generalintendant des Preußischen Staatstheaters, Gustav Gründgens. Dessen Nachbarin war damals die großartige Schauspielerin Marianne Hoppe.

Der Bombenkrieg verschonte auch das Schloss im Tiergarten nicht. Schon im April 1941 wurde bei einem der ersten Luftangriffe der Mittelteil und damit der Langhans-Saal von Brandbomben getroffen und brannten aus. Das Gebäude sicherte man zunächst notdürftig. In den erhalten gebliebenen Seitenflügeln wurden nach 1945 Privatwohnungen eingerichtet. Der Park wurde parzelliert und diente dem Gemüseanbau der hungernden Bevölkerung.

Nach Gründung der DDR wurde im Oktober 1949 Schloss Schönhausen, dem einstigen Sitz der ungeliebten Gattin Friedrich des Großen, Elisabeth Christine, das zuletzt als Verkaufssalon der NS-Raubkunst gedient hatte, zum Amtssitz des Präsidenten Wilhelm Pieck erklärt. Trotz der antifeudalistischen Haltung der SED, die das Berliner Schloss hatte abreißen lassen, wurde der ehemalige Tischler und nun DDR-Präsident Wilhelm Pieck Schlossherr und richtete sich dort ein Kino und eine Tischlerwerkstatt ein. Schönhausen wurde bis zu Piecks Tod 1960 als Amtssitz genutzt, ein neuer DDR-Präsident wurde nicht berufen. Danach war Schönhausen bis 1964 der Tagungsort des DDR-Staatsrats. In der Folge wurde es Gästehaus der DDR-Regierung, wo u.a. auch Richard von Weizsäcker als Regierender Bürgermeister von Berlin zu Gast war, bevor er selbst als Bundespräsident im Schloss Bellevue residierte.

Denn man suchte man auch im Westteil Berlins, neben der Villa Hammerschmidt in Bonn einen angemessenen Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten zu schaffen. Das war aus bundesdeutscher Perspektive nach Art. 23 des Grundgesetzes möglich ohne die alliierten Vorbehaltsrechte zu verletzen. Die DDR und die UdSSR hatten dagegen wie auch gegen die Bundestagssitzungen in West-Berlin immer heftig protestiert und mit Tiefflügen sowjetischer MIGs über dem Stadtgebiet Angst und Schrecken verbreitet.

Elisabeth Christine hatte Schönhausen ungefähr zur Entstehungszeit des Schlosses Bellevue in Besitz genommen und ausgebaut. Auch hier wurden von Elisabeth Christine Maulbeerplantagen angelegt, auch hier gab es einen wunderbaren Schlosspark, um den sich die Königin höchst selbst und intensiv kümmerte. Auch hier gab es ein reiches gesellschaftliches und kunstbetontes Leben. Das und die Ost-/Westkonkurrenz gehörten zu den Motiven, das ebenfalls in Stadtlage befindliche Schloss Bellevue wieder aufzubauen und als westliches Pendant zu Schönhausen als Sitz für den Bundespräsidenten herzurichten.

Wieder einmal wurde kräftig umgebaut im Inneren des Schlosses. Unter der Federführung von Carl Mertz und Karl-Heinz Schwennicke, der auch das kriegszerstörte Hauptgebäude der TU wieder aufgebaut hat, wurde von 1955 bis 1959 der Kriegsschaden behoben und die Innenräume neu im Stile der 50er Jahre gestaltet. Bundespräsident Theodor Heuß nahm das Schloss dann am 18. Juni 1959 offiziell in Besitz, als Amtssitz diente es gelegentlich schon ab 1957, vor allem für Konzerte.

Schwennickes neue Innengestaltung fand allerdings keine Freunde und wurde als „Mischung von Filmstarsanatorium und Eisdiele“ verspottet und durch die folgenden Renovierungen und Umbauten bis auf zwei Salons zurückgebaut. Bei allen folgenden Baumaßnahmen 1986/87 sowie 2004 näherte man sich den ursprünglichen Dekorationsformen und -materialien wieder an. Die neuerlichen Baumaßnahmen waren nötig geworden, weil es immer wieder zu peinlichen Pannen kam. So fiel bei Staatsempfängen das Licht aus, platzten Wasserrohre, die Heizung war auch im Sommer nicht abstellbar, es gab unangenehme Gerüche und der winzige Aufzug, der ein gemeinsames Hochfahren der Gäste mit Begleitung nicht zuließ, blieb zudem gelegentlich stecken. Der ehemalige „Schlossherr“ Roman Herzog, hatte das Schloss öfter als „Bruchbude“ tituliert. „Mal haben Sie Heizung, mal haben Sie Wasser, aber Abwasser haben Sie immer“, warnte er seinen Amtsnachfolger Johannes Rau bei der Amtsübergabe. Roman Herzog war übrigens der einzige Bundespräsident, der von 1994 bis 1999 auch selbst im Schloss wohnte, obgleich er darüber klagte, dass dessen Küche das Ausmaß einer Sozialeinbauküche hatte.

Richard von Weizsäcker war als Bundespräsident derjenige, der als erstes Bundesorgan nach Berlin umzog und schon 1994 seinen ersten Amtssitz nach Bellevue verlegte. Das Schloss Bellevue war damit das älteste Gebäude, das der Bund in Berlin bezog. Weizsäcker war es auch, der den Bau des Bundespräsidialamtes neben dem Schloss Bellevue auf den Weg brachte, der von 1996 bis 1998 von den Architekten Gruber + Kleine-Kraneburg in Form eines schwärzen Ovals in den Schlosspark gebaut wurde. Während des letzten Umbaus von Bellevue wäre der Amtssitz des Bundespräsidenten vorübergehend beinahe nach Schloss Schönhausen verlagert worden, wie ich als Berliner Verantwortlicher für die Grundinstandsetzung dieses Schlosses weiß. Damit hätte es ein weiteres Mal eine besonderen Bezug zwischen den beiden Schlössern gegeben. Die Bundesbaudirektion fürchtete sich allerdings vor den Folgekosten der gerade entdeckten DDT-Kontaminierung des Dachstuhls in Schönhausen und wählte dann aber doch lieber das Schloss Charlottenburg als Interimsitz. Während wir aber Schönhausen im Zeit- und Kostenplan fertigstellten, sah das beim Schloss Bellevue und beim erforderlichen Umbau in Charlottenburg in Bundesregie anders aus.

Richard von Weizsäcker war auch der Bundespräsident, der eine ganz besondere Beziehung zu Park und Schloss Bellevue aufbaute. Von Weizsäcker, der ehemalige Regierende Bürgermeister und Bundespräsident der deutschen Einheit, der, wenngleich als einziges Bundesorgan nach der Wiedervereinigung nicht neu gewählt, bei den Deutschen in Ost und West bis heute über seinen Tod hinaus das höchste Ansehen aller Präsidenten Deutschlands genießt.

Bellevue und von Weizsäcker, das passte zusammen. Der distiguierte Herr, ehemaliger Wehrmachtsoffizier, der seinen Vater in den Nürnberger Prozessen verteidigte und durch viele Rollen zum Bundespräsidenten geformt wurde, hatte so viele Metamorphosen hinter sich wie dieses Schloss. Bellevue war nicht so prunkvoll wie die Amtssitze der französischen oder britischen Amtskollegen, weder Innen noch Außen. Das Erbe aus königlicher Zeit strahlt nun auch im bürgerlichen Staat Solidität und vornehme Zurückhaltung aus. Es protzt nicht, aber es vermittelt eine eigene Würde. Nach den vielen Um- und Einbauten hat es eine Reife erlangt, die überaus angemessen ist und der einzigartige Garten mit seinem englischen Charme und Blick auf die Siegessäule tut das Seine dazu. Eigener Stil und Weitblick, das waren die Merkmale von Weizsäckers und das sind die Kennzeichen von Bellevue. In seinem Geleitwort zu Lauers Bildband formuliert von Weizsäcker genau das: „Dieser Park ist ein einzigartiger Repräsentant der Kultur unseres Landes. Er vermittelt seine Botschaft nicht nur den Menschen, die im Schloss leben und arbeiten, sondern in besonderer Weise auch den Staatsgästen aus nahen und fernen Ländern.“

Zwei Tage nach dem 8. Mai muss man einfach an die erlösenden und damals für einen konservativen Politiker noch mutigen Worte Richard von Weizsäckers vor dem Bundestag vor jetzt genau 30 Jahren denken, in der er mit dem Wort vom 8. Mai als „Tag der Befreiung“ von der Hitler-Diktatur den Weg freigab, den Beginn der bislang längsten Friedensperiode in der deutschen Geschichte in neuem Licht zu sehen. Damit setzte er auch international ein Signal, dass von Deutschland nie wieder ein Krieg ausgehen wird. Die bescheidene Würde von Bellevue und die klugen Worte seines Hausherrn der Deutschen Einheit haben Deutschland neu positioniert im Konzert der europäischen Völker. Und sie haben zu dem Ansehen entscheidend beigetragen, wovon unsere Politik und unser Land heute lebt.

Es ist schon berührend, wenn gerade die letzte Widmung, die Richard von Weizsäcker eigenhändig schrieb, den Bildern und dem Buch von Park und Schloss Bellevue von Udo Lauer galten und wenn wir hören, dass Udo Lauer mit diesem wundervollen Bildband der letzte Besucher bei den Weizsäckers vor dem Tod dieses großen Mannes am 31. Januar diesen Jahres war.

Und damit kommen wir zu dem Menschen, dessen Buchvorstellung und Ausstellung uns heute hier zusammenführt.

Wer ist dieser Udo Lauer? Was treibt ihn an? Was sind seine Motive?

Udo Lauer hat so viele Facetten wie die Geschichte von Park und Schloss Bellevue:

Er war Schiffsjunge und später nautischer Offiziersanwärter auf Segel- und Handelsschiffen und befuhr so alle Weltmeere. Er ist gelernter Physiotherapeut und -ausbilder sowie Oberleutnant der Reserve der Bundeswehr. Bei der Bundeswehr hat er Soldaten für die Auswertung von Bilder geschult, getreu dem Motto: „Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte“. Unter seinen Auszubildenden war übrigens auch der spätere General und Brandenburger Politiker Jörg Schönbohm. Bei der Bundeswehr hat Lauer selbst eine grundlegende Ausbildung als Fotograf erhalten, aber fotografiert hat er schon seit seinem 6. Lebensjahr. Und das kam so:

Lauer und sein Freund schwärmten beide für eine außergewöhnlich hübsche Klassenkameradin mit langen blonden Haaren. Die konnte sich aber nicht entscheiden und verlangte eine Mutprobe von den beiden Verehrern. Diese gingen daraufhin daran, Kellerfenster einzutreten, wurden aber bereits beim dritten erwischt. Der Schaden wurde von den Vätern reguliert und die beiden mussten die Kosten für die Neuverglasung von ihrem Taschengeld und Aushilfsarbeiten abstottern. Sein Vater schenkte ihm später zum Geburtstag darauf eine AgfaBox-Kamera. Das war eine zentrale Weichenstellung in Lauers Leben in mehrfacher Hinsicht:

Erstens gewann er an Bedeutung: Sobald er seine Kamera auf einen Menschen richtete, begann der zu posieren. Zugleich wurde er zum Regisseur und Arrangeur seiner Umgebung. Er entwickelte dabei schon früh den Drang, etwas festzuhalten und zu dokumentieren.

Zweitens ergab sich ein von seinem Vater einkalkuliertes Problem: Woher sollte das Geld für die Filme und die Entwicklung kommen. Dafür gab es eine Lösung: Er musste fortan die Drogerie putzen, wo seine Filme entwickelt wurden. Er lernte dabei nicht nur auch nebenbei das Entwickeln von Filmen, sondern – und das war des Vaters eigentliche Intention – hatte er nie mehr Zeit für Bubenstreiche, weil er jeden Tag nach seinen Schularbeiten um 18 Uhr in der Drogerie antreten musste.

Und noch ein Drittes lernte Udo Lauer für sein Leben: Sein Hobby muss sich selbst ernähren. Deshalb ist er nicht gleich Fotograf geworden, sondern hat einige Brotberufe erlernt und ausgeübt und auch heute noch betreibt er das schnelle Tagesgeschäft des Pressefotografen, um seiner Leidenschaft nachgehen zu können, in Muße außergewöhnliche Motive aufzuspüren und zu fotografieren. Ein Hobby-Projekt in diesem Sinne ist auch seine „Friedensallee“, ebenfalls angeregt von dem Baumpaten und Aktionskünstler Ben Wagin. An verschiedenen Orten in Europa hat Lauer – wo immer er tätig war - Straßenschilder für eine solche Friedensallee aufgestellt sowie jeweils eine Pückler'sche Johannisrose und zwei Gingko-Bäume gepflanzt.

Mit der schönen Klassenkameradin von ehedem und Udo Lauer wurde es dann doch nichts – worüber er angesichts von deren weiteren Entwicklung ganz froh ist, aber als Fotograf konnte er sich ab 1965 nicht nur verwirklichen und davon leben, sondern es auch zu einigem Ansehen bringen.

Sein erstes Bild verkaufte er 1958 an den Ullstein-Verlag. Da war er noch Seemann und hatte nur einen kurzen Abstecher nach Berlin gemacht. Es zeigte die Mauer zwischen Ost- und Westjerusalem. Er bekam dafür 65 DM. Das war mehr, als er damals an Heuer auf dem ersten Schiff unter deutscher Flagge bezog, dass in Haifa anlegte. Das Motiv Jerusalem und Mauer hat ihn seither auch nicht wieder losgelassen und wurde von ihm in drei weitgereisten Ausstellungen verarbeitet. Der Vergleich der multikulturellen Städte Jerusalem und Berlin mit ihren wechselvollen Geschichten hat ihn vor und nach dem Mauerfall in Berlin immer wieder beschäftigt.

Mit seinen Fotos vom Schloss und Park Bellevue hat uns Lauer etwas gezeigt und zum Sprechen gebracht, was nur zeitweise und für ein ausgewähltes Publikum zu sehen ist, aber mit seinem besonderen Blick für Details und Stimmungen hat Lauer etwas von der der einzigartigen Atmosphäre zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten eingefangen, was uns etwas erzählt vom ersten klassizistischen Schloss in Preußen und den schönsten Park seiner Zeit. Er nennt die Ausstellung „Begegnungen“. Und in der Tat:

Wir begegnen im Park der gestalteten Natur, seinen Betreuern und Bewachern. Lauers Kamerablick fängt ein Fülle von Pflanzen im wechselnden Licht der Tageszeiten ein und auch einiges an Lebewesen wie Enten, Kraniche, Reiher, Spatzen, Eichhörnchen, Füchsen, Wildgänsen. Im Garten lebt auch der seltene „Gefleckte Dickbauch“, eine Wanzenart, die Experten im Garten des Bundespräsidenten als eine der in Berlin lebenden mehr als 450 Wanzenarten entdeckten. Außerdem fanden sie dort zwei Fledermausarten, 63 Käferarten und 61 verschiedene Schmetterlingsarten. Und dabei sei man sich sicher, das noch längst nicht alle Tiere im Bellevue-Garten entdeckt wurden, weiß die BZ am 5. Mai diesen Jahres zu berichten. Wohnen doch in einem einzigen, der 707 Bäume im Schlossparke bis zu 600 verschiedene Lebewesen.

So sehr Landschaften und Bäume spannende Motive für Lauer sind:
Udo Lauer ist kein Einsiedler oder Künstler im Elfenbeinturm: Udo Lauer ist ein Kontaktmensch. Er hört zu, er beobachtet die Menschen beim Denken. Er fotografiert am liebsten Menschengesichter, die sich unbeobachtet fühlen und er hält Kontakt mit vielen Menschen in vielen Ländern, die er in seinem bewegten Leben auch jenseits der Meere kennen und schätzen gelernt hat und führt sie, wie hier bei dieser Ausstellungseröffnung getreu seinem Motto „Leben heißt Freunde haben!“ immer wieder zusammen.

In der Politik und der Kultur hat er viele Prominente über Jahrzehnte fotografisch begleitet, vor allem die Bundespräsidenten Walter Scheel, Karl Karstens, Richard von Weizsäcker, Roman Herzog und Johannes Rau. Daher auch sein besonderer Bezug zum Berliner Amtssitz Schloss Bellevue, das er mit dem wunderbaren Fotoband, den sie hier erwerben können, zu Schloss und Park sowie seine Bewohner liebevoll porträtiert hat. Aber auch in diesem Buch verknüpft er den Ort, wo er mit Bundespräsidenten in der winzigen Kaffeeküche gesessen hat, immer auch mit den Menschen. Schlösser und Gärten reizen ihn aber auch grundsätzlich als Motive, wie seine Bücher und Ausstellungen zu Schloss und Park Branitz (das ihn zu der Arbeit zu Schloss Bellevue motiviert hat) oder Schloss Ippenburg zeigen.

Udo Lauer sucht immer nach neuen, noch unbetretenen Wegen:
Als erster Fotograf aus dem damaligen West-Berlin bereiste Lauer die Sowjetunion für ein ebenfalls erstmaliges Ausstellungsprojekt, das sowohl in der UdSSR und der DDR wie auch in der Bundesrepublik sowie in West-Berlin gezeigt wurde. Das war damals eine Sensation.

Seit 1965 arbeitete er für den Springer Verlag, vor allem für die Berliner Morgenpost und die Welt. Mit seiner „Merlin-Presse“ gründete er seine eigene erfolgreiche Foto- und Nachrichtenagentur zugleich auch als Bildarchiv und Dokumentationsstelle. Im Jahrestakt stellt er seither bis heute immer neue Fotoausstellungen zu Begegnungen mit Menschen aus den verschiedensten Lebensbereichen und mit Gebäuden und Landschaften vor, die an vielen Orten im In- und Ausland gezeigt wurden und werden. Erst kürzlich zog es ihn auf Einladung der chinesischen Regierung nach Shanghai, wo er nicht nur die aufregende Metropole ins Visier seiner Kamera nahm und eine vielbeachtete Ausstellung seiner Arbeiten eröffnete, sondern auch die Spuren der in der NS-Zeit dorthin emigrierten Berliner Juden. Und heute Abend fliegt er nach Kanton in China, um dort auf Einladung der Region nach Motiven zu suchen.

Mit der Ausstellung und dem Fotoband zu den Brandenburger Alleen, was wir im letzten Jahr auch hier auf dem Sarnow zeigen konnten, setzte er dem besonderen Kennzeichen des Landes Brandenburg ein Denkmal, weil auch diese Allen angesichts der fortschreitenden Abholzung schwinden.

Wer sich nun Buch und Ausstellung zum Park und Schoss Bellevue anschaut, wird Udo Lauer zustimmen, wenn er sagt:
Wer auf meine Bilder schaut, fühlt, was ich meine!

Franz Ferdinand Prinz von Preußen zitiert in seinem Geleitwort zu dem Bildband Lauer mit den Worten:
Die Gärtner im Park von Schloss Bellevue sind Maler wie Renoir und Monet. Die einen malen mit Farbe auf Leinwand, die Gärtner mit dem Wissen, wann welche Pflanzen welche Farbe zeigen. Sie sorgen aber auch dafür, dass jede Pflanze genug Raum und Licht bekommt, um sich richtig zu entfalten. Wenn das so ist,“ fügt von Preußen hinzu, „ist der Fotograf ein Maler durch das Licht. Udo Lauer ist sparsam mit seinen Worten, aber verschwenderisch mit dem, was er sagt in seinen Bildern. Er malt seine Fotografien, manchmal wie die alten Meister. Er lässt uns träumen. Er ist mit seiner Kamera ein Traumfänger.“

Heute freuen wir uns, ihn und seine fotografischen „Bellevues“ - also „schönen Blicke“ - in den Park und auf und in das Schloss Bellevue hier auf Gut Sarnow in Groß Schönebeck zu haben.

Gern möchte ich den Anlass nutzen, - und damit beginnt hier der Werbeblock - Sie alle herzlich einzuladen, vielleicht heute noch in unser Jagdschloss - das ist neben der Kirche mit dem Wehrturm aus dem dreißigjährigen Krieg - zu kommen und sich dort die Ausstellungen zur Schorfheide und zum Schorfheidejäger Max Schmeling oder in der Schlossscheune die spannende multimediale Ausstellung „Jagd und Macht in der Schorfheide“ anzusehen, die sich mit den Spitzenpolitikern und ihrem Bezug zur Schorfheide von den Kurfürsten bis zu den Kaisern beschäftigt, die wie z.B. Hermann Göring, Horst Sindermann und Erich Honecker wie auch ihre Staatsgäste aus aller Welt hier in der Schorfheide auf die Jagd gingen und auch Politik machten, Bundeskanzler Helmut Schmidt wie Leonid Breshniew, Jossip Broz Tito oder Fidel Castro. Im neu angelegten Schlosspark mit den Grundrissen der ehemaligen Wendenburg befindet sich auch unsere Waldschule mit einem Lehrpfad, auf dem man wie auch in der Biosphäre-Ausstellung im Bahnhof mehr über Fauna und Flora in der Schorfheide erfahren kann.

Und ich möchte Sie gern einladen, wiederzukommen zur Brandenburger Landpartie. Am Sonntag, dem 14. Juni 2015 werden wir hier mit einem Tag der Offenen Höfe verbunden mit einem kostenlosen Kremsershuttle 15 Höfe und 16 Ausstellungen zur Natur, Kunst, Landwirtschaft und Geschichte, mit viel Musik, mit Kinderattraktionen und kulinarischen Genüssen zeigen, wie man heute in einem Dorf lebt und was man hier erleben kann. Unser Tag der offenen Höfe ist übrigens das umfangreichste Angebot zur Landpartie im ganzen Land Brandenburg.

Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, neben dem kulinarischen, kulturellen, reiterlichen und landschaftlichen Reizen hier auf dem Gut und Reiterhof Sarnow, hat Groß Schönebeck als Tor zur Schorfheide, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet nördlich des Mains mit vielen einsamen Seen, einiges zu bieten, was ein Wiederkommen zum Erlebnis werden lässt.

Auf unserer Homepage unter www.grossschoenebeck.de finden Sie das ganze Jahr hindurch interessante Veranstaltungen, hier auf dem Sarnow oder den anderen Veranstaltungsorten im Dorf.

Ich möchte mich bei Ihnen allen für Ihren Langmut, mir zuzuhören, und Ihre Aufmerksamkeit bedanken, bei Udo Lauer für die wunderbare Ausstellung und bei Familie Sievers für die Gastfreundschaft.

Jetzt wünsche ich Ihnen viel Freude beim Betrachten der Bilder, bei anregenden Gesprächen und beim weiteren Aufenthalt hier auf dem Sarnow, dessen Schorfheide-Küche ich nur nachdrücklich empfehlen kann sowie beim Besuch der angesprochenen weiteren interessanten Orte in Groß Schönebeck und rufe Ihnen deshalb zu:

Auf ein willkommenes Wiedersehen!

 

Veranstaltungsort* Gut Sarnow Eichorster Chaussee in Groß Schönebeck