Legenden und Wahrheiten aus Böhmerheide IV
Die Lehnsurkunden
Um es vorweg zu nehmen, die Originale der Lehnsurkunden, die sich noch bis
zum Zeitpunkt des Einmarsches der sowjetischen Truppen im April 1945
vollständig im privaten Besitz des Stammführers der Familie Bohm in Lieben-
walde befunden haben sollen, sollen von ihm selbst verbrannt worden sein.
Somit kann heute nur noch das in den Archiven lagernde Material zu einer
Auswertung herangezogen werden. Die schon erwähnte erste urkundliche Be-
lehnung läßt erkennen, daß die Bohm's schon vor dem Jahre 1444 die Feldmar-
ken Alt und Neu Gröben in ihrem Besitz als Lehn hatten, denn es heißt: " ... alß
sie und ihre Eltern bißher gehabt haben, ... ". Also schon die Eltern nutzten das
Land. An dieser Stelle kann nur vermutet werden, daß die Eltern des Hermann
und Jürgen Bohm vielleicht das Erlebnis mit dem Markgrafen hatten.
Danach könnte es sich durchaus um eine erste mündliche Belehnung gehandelt
haben, die in die Zeit des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich I. (1370 -
1440) fällt, der seit 1415 als Kurfürst die Mark Brandenburg regierte. Erst in
der Regierungszeit des Kurfürsten Friedrich II. (1440 - 1470) erhielten die
Kinder die schriftliche Lehnsurkunde ausgehändigt. Das war durchaus nicht
unüblich, den begehrten schriftlichen Nachweis später nachzureichen. Den
gleichen Vorfall finden wir fast 300 Jahre später bei der Familie Uhl in Uhlenhof
in der Nähe von Schluft. Etwas Verwirrung in die erste Belehnungszeit bringt
der Archivrat Fidicin, der 1857 schreibt, daß die erste urkundliche Erwähnung
der Belehnung aus dem Jahre 1446 stammt und einem Peter Bome übergeben
worden sein soll.
Hier kann es sich nur um einen Schreibfehler und eine Verwechselung handeln,
denn aus dem Jahre 1446 ist eine Urkunde überhaupt nicht bekannt und über-
liefert. Auch der Direktor des Vereins für die Geschichte der Mark Brandenburg,
schreibt 1847, daß 1446 die Belehnung stattfand, aber hier an einen Burkhard
Bornen. Beide erwähnen die Urkunde aus dem Jahre 1444 überhaupt nicht.
Daß der Ritter Hans von Waldow die Belehnung schriftlich vollzog, darüber
gibt es keinen Zweifel, er war damals Nutzer des Schlosses zu Liebenwalde und
handelte im Namen seines Landesherrn. Zu der Vogtei Liebenwalde (Verwal-
tungsbezirk) gehörten damals u.a. Groß Schönebeck, Hammer, Liebenthai
sowie Grimnitz und die dazwischen liegenden sogenannten wüsten Siedlungen.
Zu den beiden wüsten Dorfstätten gehörte auf jeden Fall neben den land- und
forstwirtschaftliehen Flächen der Weiße See, der Papen-See, vermutlich sogar
der Treptow-See. Die genaue Rekonstruktion der damaligen Besitzverhältnisse
ist überaus schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, da Grundbücher, in denen
jedes Eigentum an Grund und Boden eingetragen ist, erst seit Mitte des 19.
Jahrhunderts angelegt wurden.
Die zweite bekannte Lehnsurkunde datiert aus dem Jahre 1491. In dieser wird
erwähnt, daß alle Bohrn's in Groß Schönebeck wohnen und daß sie dafür geben
müssen, " ... und zuthon pflichtig und schuldig sind. " Erstmals wird hier von
einer Pflicht gesprochen, die die Bohm's erfüllen müssen; sie mußten also für
dieses Lehn etwas tun.
Erst aus dem Jahre 1686 erfahren wir, um welche Pflicht es sich dabei handelte.
Zu den Jagdzeiten, im besonderen zu den Wolfsjagden im Winter, mußte die
Familie zwei Männer alle Tage mit je einem Pferd stellen. Doch das war nicht
die einzige Sorge, die die Böhmer hatten. So mußten beim Tode des Lehninha-
bers die Erben die Belehnung neu beantragen, das Gleiche traf zu, wenn der
jeweilige Landesfürst verstarb.
In den Wirren des 30jährigen Krieges kam es dazu, daß die Böhmer vergaßen
das Lehn neu zu beantragen. Am 24.04.1686 wenden sich die Nachkommen von
Johann, Adam und Samuel sowie die noch lebenden Brüder der Genannten,
Daniel und Caspar, die am 12.11.1645 den letzten Lehnbrief erhalten haben, an
den Kurfürsten.
In dem Brief schreiben sie:
" ... unsere Väter Johann, Adam und Samuel die Bäume zu Groß Schönebeck,
bereits vor ungefähr 12 Jahren verstorben und die noch lebenen Brüder Daniel
und Casper den Lehnbrief empfangen haben, auf uns derselben Söhne und
Lehnserben dadurch verfällt.
Ob uns wohl neu gebühret hätte nach eines jeden unserer Väter Absterbens bei
Euer Kürfürstlichen Durchlaucht die Lehn innerhalb Jahr und Tag untertänigst
zu muhten (beantragen), so ist doch solches vornehmlich darum unterlassen
worden, weil zu der Zeit wir teils unmündig, teils noch minderjährig gewesen
und keine Vormünder gehabt haben.
Auch als einfältige Land- und Bauersleute bisher in den Wahn gestanden, daß
nicht eher als auf den Lehnsherrlichen Fall (Tod des Kurfürsten), wir uns
angeben müssen und also auch aus Unwissenheit gefehlet und diese unser
Schuldigkeit bis diese Stunde noch nicht würden gewußt haben, so dann von
anderen Leuten desserz vorigen Tages nicht wären erinnert worden."
Und hier beginnt eine sich über Jahrzehnte hinziehende Auseinandersetzung
über das Erbe der Böhmer.