Legenden und Wahrheiten aus Böhmerheide I
Legenden und Wahrheiten aus Böhmerheide
von Gundela und Helmut Suter
Aus grauer Vorzeit
Sollte irgendwann jemand auf die Idee kommen über die sagenumwobene,
überaus interessante Geschichte des Geschlechts der Bohm 's einen Film zu
drehen, der sicherlich zum allgemeinen Geschichtsverständnis unseres Landes
Brandenburg beitragen könnte, so muß er weit in die Vergangenheit zurückge-
hen.
Bereits in der Mittelsteinzeit vor ca. 4 000 Jahren hat es nördlich des Weißen
Sees erste Spuren menschlichen Lebens gegeben. Nur kann heute niemand
sagen, ob sich unter diesen Jägern und Sammlern schon Vorfahren der späteren
Familien mit dem wohlklingenden Namen Bohm, Baum, Böhmer oder Bau-
mann befanden.
Heute wissen wir nur, daß an der Seenkette Kuhpanz-, Weißer-, Papen- und
Treptow- See verschiedene ur- und frühgeschichtliche Siedlungsplätze vorhan-
den waren. Die leichten Böden, das reiche Fisch- und Wildangebot boten eine
ideale Grundlage für eine menschliche Niederlassung. Es gilt als sicher, daß auf
dem genannten Areal über Tausende von Jahren eine etwa 300 m x 200 m große,
dorfähnliche Siedlung bestand, die zwar öfter verlassen, jedoch immer wieder
von neuem besiedelt wurde.
Neben einigen bronzezeitlichen Scherbenstücken sind die Funde aus der Zeit
um das 13. Jahrhundert für unsere geschichtliche Wanderung von besonderer
Bedeutung. Überliefert sind die Siedlungen Alt und Neu Gröben. Diese Siedlungen sind
jedoch in späterer Zeit untergegangen und lange wurde darüber nachgedacht,
wo sie sich befunden haben könnten. Erst die bekanntgewordenen Entdeckun-
gen der Herren Eckstein 1934 und Dr. Jahn aus Berlin 1943 brachten erste
Hinweise. Sie fanden neben Feuersteinspänen und bronzezeitlichen Tonscher-
ben, auch schwärzliche Stücke von verschiedenen Gefäßen, die dem Mittelalter
zugerechnet werden konnten sowie menschliche Skelette.
Weitere Untersuchungen in den Jahren 1960 und 1966 erhärteten und bestätig-
ten die Funde. Darüber hinaus konnte der ehemalige Friedhof lokalisiert wer-
den, von dem Pfarrer Steeger in seiner Chronik schreibt, daß er noch 1736
erkennbar war. Am 04.11.1960 stellten die Wissenschaftler fest: "Ohne Zweifel
handelt es sich bei dieser Stelle um die wüste Siedlung Alt und Neu Gröben."
Nach den heutigen Erkenntnissen befanden sich 12 HofsteIlen ohne Kirche an
diesem Ort. Kirchlich muß er zu Groß Schönebeck gehört haben, denn 1449
wird eine Mühle "zu der Gröben" erwähnt, die an die Kirche zu Groß Schöne-
beck abgabepflichtig, jedoch nicht mehr existent war.
Das führte dazu, daß eine andere Mühle und zwar eine, die vor der Stadt
Liebenwalde stand, die Abgaben des bereits wüsten Dorfes Gröben an Groß
Schönebeck leistete. Ob es sich hierbei schon um den Mühlenstandort bei
Hammer gehandelt hat, ist nicht festzustellen, aber durchaus möglich.
Interessant ist für uns heute, aus welchem Grund diese Siedlung im Dunkel der
Geschichte untergegangen ist? Am Nahrungsangebot kann es nicht gelegen
haben, eine Feuersbrunst ist ebenfalls nicht nachweisbar. Dies wäre auch kein
Grund, einen Siedlungsplatz zu verlassen, denn im Mittelalter brannten häufig
ganze Dörfer nieder. Es muß etwas anderes gewesen sein, das selbst nachfol-
gende Generationen davon abhielt, auf diesem alten Siedlungsplatz ein neues
Leben zu beginnen.
Die schon erwähnten Untersuchungen aus den 60iger Jahren ergaben bei der
Erforschung des Friedhofs, daß es sich dabei um Massengräber handelt. Das
bedeutet, daß ein plötzliches, unvorhergesehenes Ereignis eingetreten sein muß,
vor dem sich der Großteil der Einwohner nicht retten konnte. Die Historie hat
bis in unsere Tage hinein für dieses Gebiet den Namen "Pestgrab" überliefert,
und die Pest kann die Ursache für das Massensterben in dem Dorf Gröben
gewesen sein. Aufgrund der vielen Pestepedemien im Mittelalter, die über die
Mark Brandenburg zogen, kann heute nicht mit Bestimmtheit gesagt werden,
zu welcher Zeit das Dorf Gröben in der Geschichte versank. Wir wissen nur,
daß bereits 1449 die Dorfstätte Gröben wüst war. Hier könnte die Pestwelle von
1389/90 den Niedergang des Dorfes nach sich gezogen haben. Es ist jedoch
erstaunlich, daß noch 1736 die Grabstellen als Friedhof zu erkennen waren.
Unklar bleibt auch die Bezeichnung "Alt und Neu Gröben", demnach hat es ein
älteres und ein jüngeres Dorf Gröben gegeben. Die erste mittelalterliche Grün-
dung - Alt Gröben - kann nicht lange bestanden haben, auf dieser oder in deren
Nähe erfolgte kurze Zeit später die zweite Besiedlung - Neu Gröben -, die dann,
wie schon erwähnt, der Pest zum Opfer fiel.
Dieses Ereignis führte vermutlich später auch dazu, daß eine Neubesiedlung auf
der gleichen Stelle nicht mehr stattfand. Die Ursachen für das Auftreten der Pest
waren zu dieser Zeit nicht bekannt, und das führte dazu, daß der Aberglaube
und viele Kulthandlungen eine bedeutende Rolle im damaligen Leben spielten.
Woher kommt nun die Ortsbezeichnung "Gröben"? Die Bezeichnung "Gröben"
leitet sich aus dem slawischen Wort "grob" ab und bedeutet "Graben". Im
heutigen Sprachgebrauch übersetzt, würden wir sagen "das Dorf am Graben".