Dorfgespräch: Flüchtlinge und altersgerechtes Wohnen
Zum 5. Dorfgespräch hatte der Bürgerverein Groß Schönebeck/Schorfheide e.V. und Ortsvorsteher Hans-Joachim Buhrs zum 31. Mai 2015 auf den Traditionsbauernhof von Jürgen Bohm eingeladen, der "guten Stube" des Dorfes.
Schorfheidebürgermeister Uwe Schoknecht kam mit einem großen Dankeschön und Ortsvorsteher Hans-Joachim Buhrs hatte extra eine Mütze aufgesetzt, um sie vor dem Willkommensteam für die Aufnahme und Betreuung der 19 syrischen und tschetschenischen Neubürgern (darunter 11 Kinder) zu ziehen. Hier werde beispielhafte ehrenamtliche Arbeit geleistet, ohne die die vielfältigen Probleme der traumatisierten Kriegsflüchtlinge angesichts überforderter amtlicher Stellen nicht zu bewältigen seien. Obwohl Kritiker aus dem Dorf trotz vielfacher Einladung leider nicht an der Diskussion teilnahmen, war allen klar, dass es auch in Groß Schönebeck Vorbehalte und Vorurteile gäbe. Wenn Kinder auf dem Schulhof raufen, sei das normal, ist ein ausländisches Kind dabei, bekommt das gleich eine andere Note und wird so auch in den sozialen Medien kommuniziert. Da gäbe es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Uwe Schoknecht verwies darauf, wie dringend man auf den auswärtigen Zuzug nach Deutschland angewiesen sei: Schon jetzt sei jeder Dritte in Schorfheide über 60, demnächst sei jeder 10. über 80. Allein in der Uckermark und im Barnim würden in naher Zukunft 3.600 Pflegekräfte fehlen, die aus der deutschen Bevölkerung nicht zu ersetzen seien.
Willkommensteamleiterin Annette Flade verwies darauf, dass die Politik völlig gegensätzliche Signale setze: Einerseits rufe sie dazu auf, die Flüchtlinge willkommen zu heißen, Deutschkurse zu veranstalten und die Menschen sozial zu integrieren, anderseits laufe die Anschiebepraxis mit dem Instrument von Dublin 3 (Einreisende über Drittstaaten werden ohne Asylverfahren dorthin zurückgeschoben) an der Vorgabe der Grundgesetzes vorbei, die die Mütter und Väter desselben nach den Erfahrungen der Einreiseverweigerung der meisten Staaten gegen ausreisewillige deutsche Juden durchgesetzt hatten. Aber selbst die Flüchtlinge, die geduldet vorerst bleiben können, müssen mit der Unsicherheit und der Angst leben, doch noch abgeschoben zu werden, zumal in Staaten wie Bulgarien oder Ungarn, die die Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen wie Schwerverbrecher hielten.
Uwe Schoknecht, der die Arbeit der Wllkommensinitiativen politisch unterstützt, kann als Gemeindevorsteher selbst wenig konrete Hilfe für die Betreuung leisten: Schon jetzt würden die Kommunen für 23% der (stets wachsenden) Aufgaben nur 15% Kostenerstattung bekommen und von Ihrem Steueraufkommen zudem 43% als Kreisumlage abführen müssen. Da gehe die Schere immer weiter zu Lasten der Gemeinden auf.
Bei aller Sorge um die politische Großwetterlage erbrachte das Dorfgespräch auch konkret Erfreuliches: Spontan wurde ein weiteres Fahrrad und eine Guitarre gespendet und damit der dringlichste Wunsch Flüchtlings erfüllt.
Ein weiteres Thema waren die gemeinsame Abstrengung von Bürgermeister, Ortsvorsteher und Bürgerverein, auch in Groß Schönebeck altersgerechtes Wohnen zu ermöglichen. Damit kommt man dem dringenden Wunsch zahlreicher älterer Menschen im Dorf nach, die Haus und Hof nicht mehr selbst bewirtschaften können, aber im Ort bei ihren Familien und Freunden bleiben wollen. Allerdings gibt es da noch etliche Hürden zu überwinden, weil die Betriebsgrößen für einen wirtschaftlichen Betrieb einer solchen Einrichtung doch relativ groß und mit den herkömmlichen Finanzierungsmodellen über Projektentwickler, Finanzierungsfonds und Betreibern nicht zu erreichen sind. Hier werde es, so Bürgermeister und Ortsvorsteher, weiterer Gespräche und Ideen bedürfen.
Zur Sprache kam auch die Frage der Verkehrssicherheit für Kinder und Jugendliche mit dem Fahrrad. Dabei wurde die Idee geboren, dass der Bürgerverein in Zusammenarbeit mit der Polizei und der Gemeinde ein Angebot für einen Verkehrserziehungstag in Groß Schönebeck entwickelt.
Teilnehmer des Dorfgesprächs, die zum ersten Mal dabei waren, lobten zum Abschluß die Initiative des Bürgervereins zu einem solchen Dialog und wollen bei Ihren Nachbarn darum werben, auch mit dabei zu sein, weil es durch den direkte Austausch von Meinungen und mit den Informationen durch die gewählten Vertreter im Ort und in der Gemeinde allseits neue Erkenntnisse gäbe und man sich hier unmittelbar mit seinen Sorgen und Anregungen einbringen könne.